UTOPIA
UTOPIA 2015

Kultur- und Kommunikationszentrum

Innsbruck, Wilten, Tschamlerstrasse 3

1985 - 1991 Utopia - Verein zur Förderung und Errichtung selbstverwalteter, ökologisch und gesellschaftlich sinnvoller Handwerks-, Kultur- und Kommunikationsprojekten

1986 - 2001 Utopia - Verein zur Förderung von Beschäftigungs- und Kulturprojekten

heute: Weekender Club

 

UTOPIA

Die Geschichte des Utopias ist eng verbunden mit der Idee der Traumwerkstatt. Die Traumwerkstatt verfolgt ursprünglich den Plan, ein offenes Haus zu schaffen, indem Handwerker_innen und Kulturarbeiter_innen unter einem gemeinsamen Dach vereinigt sind. Es sollte einen Ort geben, andem neue Arten von Arbeit, Kultur und Leben erprobt werden können. Neben einem Kulturraum ist auch angedacht, eine Tischlerei, eine Töpfer- und Siebdruckwerkstatt, ein Nähatelier, eine Schlosserei sowie einen Buchladen zu integrieren. 

Eine ehemalige Schlosserei in Wilten ist die neue Heimat der Traumwerkstatt. Doch fehlende Anlagengenehmigungen für die Tischlerei und Schlosserei lassen den Traum schnell zerplatzen. Übrig bleiben eine Siebdruckwerkstatt, eine Töpferei, eine Bücherei (Bücherei Parnass), ein Nähatelier und ein Kulturraum - das Utopia. Das Gründungsteam des Utopias besteht aus Klaus Bucher, Christine Margreiter, Wolfgang Burtscher und Regina Obermaier. Der ursprüngliche Kellerverein öffnet 1985 seinen Betrieb. Doch aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen wird ein Jahr später ein weiterer Verein – der Caféverein – gegründet. Das ursprüngliche Ziel des Utopias ist autonom von Subventionen zu bleiben. Das gelingt bis zum Bergiselfestival 1987. Wetterpech, organisatorische Versäumnisse und Unstimmigkeiten von Agenturen führen zu einem Desaster und in Folge zum Konkurs des Utopias. In den Jahren darauf kann unter der Führung von Christine Margreiter und Maria-Luise Mayr das Utopia weitergeführt werden. Die Schulden werden weitgehend abgebaut, aber die finanzielle Unabhängigkeit geht verloren. 

Das Utopia organisiert im Laufe seiner Jahre zahlreiche Veranstaltungen und Festivals und führt neue Formate ein. Ein großer Schwerpunkt liegt auch auf der lokalen Szene. Anfang der 1990er Jahre entsteht daher der Regionalmonat im Januar. Eine zeitlang werden weibliche Künstler_innen in den Mittelpunkt gerückt, im sogenannten Frauenmonat.

Das Utopia ist Homebase zahlreicher umgesetzter Ideen, unvergesslicher Veranstaltungen und vieler Personen, die das Kulturleben in Innsbruck mitprägen. Es liegt auch immer vorne, wenn es einerseits um Musik abseits des Mainstreams geht und andererseits, wenn neue Musikrichtungen und Formate am Entstehen sind. So gibt es immer wieder unterschiedliche musikalische Schwerpunkte: von Avantgarde über Jazz bis hin zu damaligen neuen Formen elektronischer Musik wie z. B. Drum 'n' Bass. Schon in den 1980er Jahren ist das Utopia ein Ort für die DJ-Kultur. Der inzwischen verstorbene Musikladenbetreiber Rudi Pöschl ist Begründer der legendären Dienstagsdisco. Dort sind u.a. auch Boris Jordan (später bei FM4) Eva Rottensteiner (später beim ORF Tirol) sowie der Musiker Jochen Hampl als DJs aktiv. In den folgenden Jahren sind die unterschiedlichen Betreiber_innen des Utopias immer wieder federführend bei der Etablierung neuer Musikformate, z. B. dem Dance Departement oder Fresh on Plastic: zwei Formate bei denen DJs und elektronische Musik im Vordergrund stehen. Die sich Mitte der 1990er Jahre etablierende Psytranceszene hat unter den Namen Mystery World ihren Ausgangspunkt ebenfalls im Utopiakeller. Daneben ermöglicht das Utopia Festivals wie das Voices-Festival und das heute noch existierende Wetterleuchten. Neben dem musikalischen Fokus ist das Utopia auch ein Ort für Kabarett, Theater – oder im Utopiacafé – für Bildende Kunst. Außerdem bietet das Utopia auch Raum für Veranstaltungen der HOSI (Homosexuell Initiative) und der S/M-Kultur (Sadomasochismus Initiative Libertine).

Mitte der 1990er Jahre änderte sich das Programm und eine neue Linie schlägt sich auf die Kommunikations- und Subventionsstruktur mit den politisch Verantwortlichen nieder. Der Bund stellt mit der Zeit die Subventionen ein, die Betriebsstruktur des Utopia bleibt jedoch gleich. Das Kultur- und Kommunikationszentrum Utopia gibt es noch einige Jahre, dann ist der Konkurs offiziell. Die spätere p.m.k. Geschäftsführerin Ulli Mair versucht noch, als kaufmännische Leiterin, das Haus zu retten. Doch zu diesem Zeitpunkt ist es schon zu spät. Die Stadt Innsbruck ist nicht mehr daran interessiert, das Kulturzentrum zu unterstützen und den ausgearbeiteten Entschuldungsplan zu akzeptieren. Im Jahr 2001 schließt das Utopia seine Pforten. Mit der Schließung des Utopias verliert Innsbruck einen wichtigen Ort, andem Alternatives und Gegenkulturelles zusammenliefen und Neues nach Tirol brachten. Viele Menschen konnten dort Veranstaltungen besuchen und abhalten, die in das sonst enge kulturelle Bild Tirols nicht hineinpassten.

Transtopiaserver

Doch nicht nur im kulturellen Bereich ist das Utopia prägend, auch im IT- und Webbereich ist es am Puls der Zeit. Schon früh wird mit Computern in der Verwaltung und beim Booking gearbeitet. Der erste Kulturserver Transnomad findet 1996 (ging online am 1.1. 1996) im Utopia ebenfalls Platz. Hierbei handelt es sich um ein Kulturprojekt in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Transit. Auf diesem Server ist auch die Utopia-Website zu finden sowie von den Nomaden. Die Nomaden waren alle anderen Gruppen, die über den Server ihre Inhalte verbreiteten, namentlich Cinematograph, Cunst&Co, Workstation, Büro Diderot, KG Pembaur, Vakuum, Föhn, IKFKK, Multipler Prosa Pool (Sammelsurium einiger Hypertextliteraten), die Goldene Henne (Bulletin Board System), Anarchistische Tiroler Drogeninformation, Captain Book’s Antiquariat, Initiative oststeirischer Klein- und Biobauern und einige Einzelpersonen mit ihren Homepages. Ende 1996 stieg der Verein Transit aus und das Utopia wird zum alleinigen Erhalter des Servers und des Public Access Points. Das Utopiacafé ist außerdem eines der ersten öffentlichen Internetcafés in Innsbruck. 

Wichtige Veranstaltungen:

Bergiselfestival: 1987

Voices Festival: 1992 -2000

Kunststraße: 1988-1992

Wetterleuchten: (erstmals 1997 von Utopia organisiert)

Felseckfestival

 

Maurice Munisch Kumar

 

Quellen

Müller Claus: Diplomarbeit/Reisebüro-Incomingprojekt "Utopia-Pfingstfestival 1987" : Vermarktung eines Musikfestivals im Ausland durch Vertriebskooperationen im Reisebürogewerbe - Projektdarstellung und Problemanalyse, Innsbruck, 1987.

 

Links

> Eine vergessene Utopie - Beitrag von Maurice Munisch Kumar in der mole #10/2012

> Utopia Website - Stand !/2001 - Utopia Programm von 5/1998 - 1/2001

> Website des voices! - Stimmenfestival - Voices! Archiv von 1992 - 2000

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