Das Autonome FrauenLesbenZentrum in Innsbruck ist ein selbstorganisierter Frauenraum. Das Zentrum ist vor über 30 Jahren entstanden und in den Rahmen jener gesellschaftlichen Veränderungen einzuordnen, die als „Neue Frauenbewegung“ in die Geschichte eingegangen sind.
VON TREFFEN IN PRIVATHAUSHALTEN BIS ZUM HEUTIGEN FRAUENLESBENZENTRUM
Die Anfänge
In den 1970er Jahren gründete eine ursprünglich im Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft (AEP) beheimatete Gruppe von „radikaleren“ Frauen das Autonome Frauenzentrum. Die Entstehung des Vereins „Autonomes Frauenzentrum Innsbruck“ ist im Zentralen Vereinsregister der Bundesrepublik Österreich mit dem 28. Februar 1978 datiert.
In den Anfängen verfügte das Zentrum über keine eigenen Räumlichkeiten, sodass sich die Frauen zunächst in Privatwohnungen trafen. Nach einiger Zeit versammelte sich die Gruppe einmal wöchentlich im Kommunikationszentrum in der Innstraße (KOZ), später in dessen Nachfolgeinstitution KOMM (Alternatives Kommunikations- und Kulturzentrum).
Das Frauencafé Laufmasche 1982
Im November 1982 wurde in der Höttinger Gasse in Innsbruck das Frauencafé Laufmasche eröffnet. Die Räumlichkeiten standen den Frauen von Donnerstag bis Sonntag zur Verfügung, an den restlichen Tagen wurden diese anderweitig genutzt. Das Café hielt sich jedoch nicht lange, auch wegen Auseinandersetzungen mit dem Besitzer.
Die ersten eigenen Räumlichkeiten – 1983 in der Michael-Gaismayr-Straße
Am 10. Dezember 1983 wurde das „Autonome Frauenzentrum“ in der Michael-Gaismayr-Straße offiziell eröffnet. Damit war ein eigener autonomer Ort für feministische Aktivitäten geschaffen. Mit der Eröffnung dieses Raumes wird im Allgemeinen die Gründung des „Autonomen Frauenzentrums“ festgelegt. Ziel des Zentrums war es, einen „Rahmen zur losen Organisierung der Frauenbewegung“, zur „Koordinierung vorhandener Fraueninitiativen und -projekten“ und generell einen „Kommunikationsort“ für unterschiedlichste Frauen zu schaffen.
Schon bald entstand innerhalb des Zentrums auch ein Café, ursprünglich „Frauenbeisl“, später „Frauencafé“, seit 1995 „Anchourage“, welches bis heute unter diesem Namen geführt wird. 1989 kam es zu einem Wasserrohrbruch in den Räumlichkeiten, worauf das Zentrum 1990 in die Liebeneggstraße umzog, wo es bis heute, 2017, beheimatet ist. 1999 wurde das Autonome Frauenzentrum in Autonomes FrauenLesbenzentrum umbenannt.
ORANISATIONSSTUKTUR UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Organisationsstruktur
Ein wesentliches Kennzeichen der Struktur innerhalb dieses Frauenraumes ist und war stets die Selbstorganisation. Daneben gab und gibt es eine kleine Gruppe, die sich um den „Erhalt des Zentrums“ an sich kümmert. Bis 1993 war dies der „Weiberrat“, danach „das Plenum“.
Die Medien des Zentrums
Seit 1. Dezember 1983 verfügte das Autonome Frauenzentrum über eine Vereinszeitung: „Kniesebein“. 1985 wurde diese in „Zyklotron“ (1985-2005) umbenannt. Die Zeitungen wurden zum Diskussionsforum des Zentrums und geben Einblicke in die jeweiligen, in feministischen und vor allem lesbischen Kontexten, aktuellen Themen.
Rund um das erste Jahrzehnt im neuen Jahrtausend gestalteten die Frauen des Zentrums den „Weibertalk“ beim lokalen Radiosender „FREIRAD“. Aktuell, 2017, äußern sie sich regelmäßig im von der HOSI-Tirol (Homosexuelle Initiative Tirol) herausgegebenen Magazin „rainbow UNITED“.
AUTONOMER RAUM – VIELFALT, BILDUNG, POLITIK UND LUSTVOLLES BEISAMMENSEIN
Selbsterfahrungs- und andere Arbeitsgruppen
In der Anfangszeit gründeten die Frauen des Zentrums im zeithistorischen Kontext übliche Selbsterfahrungsgruppen. Daneben entstanden diverse Arbeitsgemeinschaften zu in dieser Zeit aktuellen Themen.
Raum für Vielfalt, Bildungs- und Kulturarbeit
Das FZ/AFLZ war stets ein zentraler Veranstaltungs- und Organisierungsort für verschiedenste lokale Frauenprojekte, für Veranstaltungsreihen, Demonstrationen und Kundgebungen usw.
Unterschiedlichste Frauengruppen
Seitdem das Zentrum seit 1983 über eigene Räumlichkeiten verfügte, trafen sich dort zahlreiche und unterschiedliche Frauen und Frauengruppen. So werden in der Broschüre des Zentrums „10 Jahre Autonomes Frauen & Lesbenzentrum“ (1993) bereits über 40 zum Teil sehr unterschiedliche Gruppen aufgezählt.
2017 erinnern sich im Zentrum aktive Frauen daran, dass sehr viel politisch gearbeitet wurde, aber auch an Theater- oder Gesangsgruppen. 2017 ist das AFLZ Treffpunkt für diverse Gruppen.
Bildungs- und Kulturarbeit
So vielfältig und reichhaltig wie die aktiven Frauengruppen war auch das von den Frauen des Zentrums organisierte Veranstaltungs-, Bildungs- und Kulturprogramm. So fanden im Laufe der Jahre zahlreiche Veranstaltungen, Workshops, Seminare, Lesekreise, Diskussionen, Ausstellungen und Filmabende zu zeitgenössischen und im damaligen feministischen und lesbischen Kontext aktuellen Themen dort statt. Die Vielfalt und das breite Spektrum der Veranstaltungen hier aufzuzeigen, scheint schlichtweg nicht machbar.
Auch gegenwärtig finden jährlich im Autonomen FrauenLesbenzentrum zahlreiche Bildungs- und Kulturveranstaltungen zu aktuellen Themen statt: www.frauenlesbenzentrum.at.
Neben den Veranstaltungen fanden im Zentrum auch Beratungen, etwa Rechtsberatung, statt. Zudem gab es „Pear-Group-working“ wie Arbeitslose helfen Arbeitslosen oder Computerkurse für Frauen.
Aktionismus
Das autonome Zentrum war immer auch ein Ort, an dem Demonstrationen, Kundgebungen und andere Aktionen organisiert wurden, an dem gesellschaftliche und politische Entwicklungen kritisch hinterfragt worden sind und Ideen entwickelt wurden, die Anliegen der Frauen in die Öffentlichkeit zu bringen. Lange Zeit, so erinnern sich einige Frauen, wurden die lokalen Aktionen zum Internationalen Frauentag dort geplant. Anlässlich des Papstbesuches am Bergisel 1988 beteiligten sie sich an den damaligen Protestaktionen, einer Kundgebung und einer Demonstration. Auch gegen den Opernball demonstrierten die Frauen regelmäßig. 1991 fanden Kundgebungen gegen den Golfkrieg statt. Internationale Aufmerksamkeit erhielt eine von insgesamt zwei von einer Gruppe von Frauen organisierten „Panzerblockaden“. Mit dem Ziel, den Transport von Panzern von Deutschland in den Irak zu stoppen, blockierten einige Frauen aus der lokalen Bewegung die Bahngleise. Die britische „Times“ berichtete über diese Protestaktion.
Lustvolles Beisammensein
Früher wie heute war den Frauen neben der Arbeit auch das lustvolle und lustige Beisammensein ein Anliegen. Schon bevor die Frauen eigene Räumlichkeiten hatten, wurden die ersten Feste veranstaltet. Die damaligen Frauenfeste fanden regen Anklang und wurden sehr gut besucht. Es dürften sehr bunte gewesen sein: Die Frauen berichten von teilweise mehreren hundert Gästinnen und Musik von Frauengruppen wie der Rockband „Unterrock“. Auch in den Folgejahren gab es zahlreiche Feste. In Erinnerung geblieben sind vor allem die „Hexenfeste“, regelmäßig stattgefundene Frauendiscos. So sprach eine Frau von einer „Mega-Disco im Bierstindl“.
Andrea Urtaler
Quellen
Autonomes FrauenLesbenzentrum Innsbruck (Hrsg.in): 10 Jahre Autonomes Frauen & Lesbenzentrum. Broschüre. Innsbruck, 1993.
Gensluckner, Lisa/Regensburger, Christine/Schlichtmeier, Verena/Treichl, Helga/Windisch, Monika: vielstimmig. mancherorts.
Die Neue Frauenbewegung in Tirol seit 1970. Innsbruck, 2001.
„Erinnerungstreffen“ einiger Frauen des Autonomen FrauenLesbenzentrums, stattgefunden am 10.02.2017.
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